Imi Ouzlag – wo ist das denn?
Ein kleines Dorf besuchen wir, das kein Reiseführer erwähnt. Hier kennen Eva und Christian, unsere Reisebegleiter, die Familie des „gewählten“ Bürgermeisters Hassan. Wir sind für einen Tag Gäste der Familie. Das nicht unvorbereitet, denn wir sind vor der Abreise informiert worden, damit wir ausreichend Gastgeschenke (Kleidung, Spielsachen, Gebrauchsgegenstäne) einpacken konnten.
Das Wohnhaus der Familie ist ein Anbau an das alte Lehmhaus. In letzterem sind heute seine Ziegen untergebracht. Im neuen Wohnhaus gibt es einen sehr großen saalartigen Raum, in dem Gäste (also auch wir) empfangen werden.
Wir sitzen auf Polsterbänken in dem Raum, bekommen Brot zum Eintunken in Schälchen mit Honig, Olivenöl, Aprikosenmarmelade und „Berbernutella“ im Idealfall aus Arganöl, Mandeln und Honig. Die Ehefrau von Hassan betritt den Raum nicht in unserer Anwesenheit, sondern bringt die Speisen bis an die Tür, übergibt sie dort Hassan, der sie auf unsere Tische vertelt. Anschließend bereitet er Tee richtig zeremoniell. Er füllt beispielsweise ein oder zwei Gläser mit Tee und leert sie danach zurück in die Teekanne. Beides geschieht in hohem Bogen, damit letztendlich die Mischung stimmt und sich ein gewisser Schaum entwickelt. Das dauert dann recht lange und es entsteht ein anregendes (für mich nicht sehr bekömmliches) Getränk. Die Schwester von Hassan setzt sich resolut über die Sitte hinweg, dass Frauen den Gastraum nicht betreten, sie stürmt herein und begrüßt uns fröhlich mit Handschlag!
Außer Hassans Haus sehen wir noch ein bewohntes Lehmhaus des Dorfes. Mir gefällt es in dem verwinkelten Haus mit den sauber verputzten Wänden sehr gut. In jedem der Häuser gibt es mindestens eine Dachterrasse, von der aus man über die Dächer des Dorfes schauen kann.
Christian führt uns noch durch die Gärten des Dorfes, am Friedhof vorbei und zu ein paar kleinen prähistorischen Felszeichnungen.
Zum Abendessen bekommen wir eine Tajine mit Ziegenfleisch und hervorragendem Couscous. Eva übernimmt diesmal die Zeremonie des Händewaschens; mit Wasserkanne, Auffangbecken und Handtuch geht sie von Gast zu Gast.
Nach den Informationen unserer Reiseleiter Eva und Christian gibt es im Dorf noch einen „amlichen“ Bürgermeister. Dabei scheint mir der „gewählte“ die Vertrauensperson des Dorfes zu sein, der als Bindeglied zwischen den Bewohnern und dem Vertreter der Staatsmacht, also dem „amtlichen“, dient. Eva legt auch großen Wert darauf, dass die Frauen die als Gastgeschenk mitgebrachten Dinge erhalten, oder zumindest erfahren, was mitgebracht wurde, da zu befürchten ist, dass die Männer manches gerne für sich behalten und für eigene Geschäfte verwenden.
Am Abend wird die Gruppe noch zur Hochzeitsfeier in der Nähe eingeladen. Von uns nehmen nur 3 Frauen und ein Mann die Einladung an. Das bedeutet für diese, dass sie ein Gastgeschenk mitbringen müssen. Die Frauen bekommen Röcke und Kopftücher ausgeliehen. Natürlich feiern die Geschlechter in getrennten Räumen. Essen und Trinken gibt es für die Frauen erst, wenn die Männer fertig sind. Für mich war klar, dass ich eine zeitige Nachtruhe vorziehe.
oh klasse, da taucht ihr ja richtig in die Kultur ein!
Und der Schattenwurf im Fenster sieht gut aus.
Nicht ganz ohne kritische Anmerkungen einiger Reiseteilnehmer. Aber wie soll man sich denn sonst den Menschen dort nähern?